1. Allgemeines
Das Mordloch ist eine typische, aktive wasserführende Höhle der schwäbischen Alb. Es liegt auf der östlichen Alb im Roggental bei Eybach, 8 km östlich von Geislingen. Seinen Namen erhielt es über die Geschichte des ermordeten Schlossförsters von Eybach. Dieser erwischte einen Wilderer im gräfischen Wald auf frischer Tat und wurde vom Wilderer ermordet. Die Leiche des Försters wurde später im Höhleneingang gefunden.
Die aktuell vermessene Gesamtlänge liegt bei 4576 m, womit das das Mordloch zu den Großhöhlen zählt. Aktuell liegt es auf dem vierten Platz der längsten Höhlen in Baden-Württemberg.
Die erste Befahrung wurde im 18. Jahrhundert dokumentiert, damals noch mit Fackel und Pistole bewaffnet. Man wusste nicht was man im Berg zu erwarten hatte.
1959 gelang es erstmals den ersten Siphon zu überwinden. Bereits davor gab es verschiedenste Tauchversuche. Ohne Neoprenanzug aber dafür mit einer Gasmaske, modifiziert mit einem Gartenschlauch zur Luftversorgung.
Bis 1965 wurden bereits schon 2410 m vermessen. 1977 bis 1986 erfolgte eine Neuvermessung und die Entdeckung neuer Teile, die Gesamtlänge stieg auf 4320 m.
Überregionale Bekanntheit erlangte das Mordloch 1977. Vier Personen wurden bei einem Hochwasser eingeschlossen und konnten erst nach drei Tagen die Höhle verlassen.
Das Einzugsgebiet beträgt etwa 25 km², die normale Schüttung liegt bei 28l/s. Im Sommer oder kalten Winter nimmt diese noch weiter ab. Bei Starkregenereignissen steigt die Wassermenge schnell auf 1000 l/s, der Höhlenbach tritt dann aus dem Eingang hervor. Der sonst kurze erste Siphon verlängert sich auf eine für die meisten nicht durchtauchbare Länge. Zusätzlich muss man gegen die herausquellenden Wassermassen ankämpfen. Kommen Schneeschmelze und Niederschläge zusammen sind Schüttungen von über 30.000 l/s möglich, eine Bundesstraße und die vollständige Talbreite stehen dann unter Wasser. Aufgrund des eher kleinen Einzugsgebiets ist dies durchaus beachtlich.
2. Beschreibung der Höhle
Bei einem niedrigen Wasserstand, beispielsweise im Sommer oder Winter, sind etwa 40 m trocken befahrbar. Ab dort trifft man zwangsweise auf den Höhlenbach.
Ein ansteigender Wasserpegel zieht sich zu einem 6 m kurzen, echten Siphon. Dieser ist für geübte Taucher auch Apnoe durchtauchbar, aber bietet zum Glück eine natürliche Selektion vor touristischen Höhlentouren.
Der Eingangssiphon
Anschließend erreicht man die Betahalle und die darüber liegende Gammahalle. Die Bezeichnungen rühren auf den jeweiligen umgebenden Gesteins-schichten, Weißjura-β und Weißjura-γ. Die Betahalle hat dabei eine Höhe von etwa 70 m und durchsticht das Gamma vollständig bis in das Delta. Dies stellt auf der schwäbischen Alb eine geologische Besonderheit dar, da das Gamma aufgrund des hohen Mergelanteils als nicht verkarstungsfähig gilt. Höhlen, die sich über mehrere Weißjura-Schichten ausbreiten waren zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt. In der Betahalle teilt sich das Mordloch in den südlichen Wassergang und den nördlichen Bettelgang. Beide sind wasserführend und liegen vollständig im hellbraunen Betakalk.
Die Gangverläufe sind stark kluftorientiert und biegen immer wieder rechtwinklig ab. Im Normalfall ist das Profil der Hauptgänge ebenfalls kluftartig.Die Breite variiert zwischen 0,5 m und 1 m, die Höhe zwischen 2 m und 10 m. In den Bereichen mit höherem Wasserstand und den Siphonen geht das Profil in breite, aber flachere Kastengänge über. Im Wassergang trifft man im mittleren Bereich, Schwimmbad genannt, auf kurze Schwimm-strecken. Knapp 1000 m nach der Betahalle wird der Südsiphon S2 erreicht.
Die Gammahalle
Je nach Gepäck braucht man schwitzend etwa 1 Stunde bis dorthin. Stärker schwitzend schafft man es auch in 50 min. Wenn man alleine unterwegs ist, kann man sich aber auch problemlos 60 min an einem in einer Engstelle festklemmenden Schleifsack verewigen…
Der Südsiphon hat 78 m Länge und 3,5 m Tiefe, ist taucherisch vergleichsweise einfach und einer der schönsten Siphone der Alb. Für Nichthöhlentaucher stellt er meist das Ende des Wassergangs dar. Nach dem S2 und dem direkt folgenden S3 (4 m Länge) kommen nochmals 400 m bis zum Wartezimmer und dem dort beginnenden S4. In diesem lag nach etwa 30 m das bisherige Höhlende. Im Wartezimmer wurde von uns zwischenzeitlich für weiterreichende Touren ein Flaschendepot und eine Kochstelle eingerichtet.
Der Wassergang
Der S4 hat eine Länge von 82 m und eine Tiefe von 7 m, aufgrund zahlreicher Engstellen ist das Tauchen nur No-Mount mit geschoben/gezogenen Flaschen möglich. Ein Bleigurt stört meistens schon zu sehr, zudem werden ab hier größere Flaschen notwendig. Für das sichere Tauchen im Siphon wurde ein dickes Führungsseil eingezogen und von Hand mehrfach verbohrt.
Nach dem vierten Siphon gelangt man in die Klappsmühle. Nach diesem trockenen, aber bachigen 50 m langen Abschnitt beginnt der S5. Skallpellsiphon genannt, Länge 87 m, Tiefe 4 m. Der Name kommt von Eisenplatten, die aus der Decke in den Gang herausstehen, die Stärke beträgt etwa 5 mm. Teilweise sind diese „Skalpelle“ über einen Meter lang und versperren den Gang. Die Höhle endet in diesem Siphon an einer zugekiesten Fuge.
Auf den letzten 200 m werden die Dimensionen des Hauptgangs immer kleiner und der Gang geht mordlochuntypisch, mäandrierend in eine Schichtfuge über. Außerdem wird die darüberliegende, schlecht verkarstungsfähige, Schicht des WJ Gamma erreicht. Dies bedeutet fast sicher das Ende von befahrbaren Höhlenteilen.
Auf den letzten Metern im S5 hat der Gang nur noch eine Höhe von etwa 40 cm. In der Endfuge sind nur 5 cmPlatz, weitere 20−30 cmkönnen durch Wegschieben von Kies freigelegt werden. Das Tauchen auf den letzten Metern ist bereits nur noch ohne Helm und mit kleinen Flaschen möglich.
Der Wassergang liefert nur etwa ein Drittel der Gesamtschüttung, der Rest entspringt dem Bettelgang. Dies wird auch in den Dimensionen des Hauptgangs deutlich. Die ersten 300 m ab der Betahalle sind jedoch noch mühselig und nur auf den Knien befahrbar. Der Abschnitt verleiht dem Gang aufgrund der notwendigen Körperhaltung seinen Namen. Danach zieht sich der Gang im gewohnten hohen, aber schmalen Kluftprofil, in westlicher Richtung tiefer in die Berghalbinsel. Im mittleren Teil, Irrgarten genannt, haben sich parallel zum wasserführenden Hauptgang Seitengänge ausgebildet. Eine Abzweigung führt in den Rattengang einer Nord-Süd-Verbindung zwischen Wasser- und Bettelgang.
Kurz danach folgt noch der Seitengang zum Letzten Gumpen, einem bei Hochwasser wasserführenden Höhlenteil. Der Gang wird von mehreren kurzen, aber engen Siphonen unterbrochen. Das aktuelle Ende befindet sich ebenfalls in einem Siphon. Die Befahrung ist in großen Teilen nur auf der Seite liegend in einem Schlüssellochprofil möglich.
Letzter Gumpen
Der Transport der notwendigen Tauchausrüstung stellt ein sehr material- und körperveschleißendes Unterfangen dar. Für die letzten 40 m Strecke müssen etwa 90 min einfach eingeplant werden, ohne Ausrüstung wohlgemerkt.
Weiter hinten im Hauptgang folgen noch einige Schwimmstrecken und lehmige Bereiche bis man nach knapp 1,4 km im Hauptgang den Nordsiphon erreicht. In einer Auftauchstelle nach etwa 30 m endet der Hauptgang an einem massiven Versturz. Hier gab es bereits in der Vergangenheit einige erfolglose Grabungsversuche.
Der Hauptgang setzt sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit hinter dem Versturz fort. Die Vermessung zeigt eine Doline auf der Albhochfläche in unmittelbarer Nähe des Versturzes. Neue Grabungsversuche bleiben also eine Aufgabe für die nähere Zukunft.
Der Rattengang stellt die einzige befahrbare Verbindung zwischen Bettelgang im Norden und dem Wassergang im Süden dar, die Verzweigung in der Betahalle ausgenommen. Den Berg an sich ist vollständig mit einem verzweigten Netz aus Gängen und Klüften durchzogen, gut sichtbar in der Übersichtskarte. Die meisten Verbindungen zwischen den beiden Hauptgängen sind jedoch zu eng für eine Befahrung oder zugelehmt.
Eine aufrechte Fortbewegung im 250 m langen Rattengang ist nicht möglich, wie der passende Name schon aussagt. Für eine Befahrung benötigt man ohne Gepäck und stark schwitzend etwa 1 Stunde, stärker schwitzend dementsprechend schneller. Zwischendurch kommen zwei kleine Wasserstellen zur Abkühlung und einige Lehmpassagen. Die vergebenen Namen für einzelne Abschnitte, wie Jammertal oder Uff-Uff-Gang, spiegeln ganz gut die Begebenheiten vor Ort wieder…
Der Rattengang
3. Fazit
Das Mordloch hat sich für uns zu einem sehr intensiven Projekt entwickelt, 2020 und 2021 (bis Juli) gab es insgesamt 34 Touren. Im Süden konnten 220 m Neuland vermessen werden, davon 175 m unter Wasser. Über die aktuelle Winterperiode sind Datenlogger für Wasserstände- und Temperaturen an mehreren entscheidenden Stellen im Mordloch angebracht. Zusammen mit geloggten Niederschlagsdaten erhoffen wir uns das Flutverhalten der Höhle besser zu verstehen. Die Arbeit an einer Publikation um alle Forschungsergebnisse zu veröffentlichen läuft ebenfalls.
Text: Tim Schmitt | Fotos: Tim Schmitt, Thomas Volz, Leonard König